the thing… hitting hard…
Jun.05, 2012
review in excellent mag FreiStil — from a concert at Stadtwerkstadt, Linz, march 2012
High energy! Wenn Mats Gustafsson,
Ingebrigt Håker Flaten und Paal Nilssen-
Love aufs Pedal treten, bleibt keine Bat-
terie leer. Und selbst wenn das Trio akus-
tisch, also mikrofonisch unverstärkt und
auf engstem Raum in der Linzer Stadt-
werkstatt auftritt, geht von der Wucht
ihres Freejazz kein Gramm verloren.
Nimmt uns mit auf eine Tour de Force
über Stock und Stein und Rock und Roll.
Das Ding, das große Ding (siehe auch
Platten des Monats, Seite 24!) funktio-
niert, banal beobachtet, so: Mats bläst
wie verrückt ins monströse Baritonsaxo-
fon, vereinzelt auch in kleiner Verwandte
davon; Ingebrigt strapaziert die Kontra-
basssaiten, bis man sich um sie sorgt;
Paal trommelt sich die Seele aus dem
Leib und damit in die Musik hinein, wild
und präzise zugleich.
The Thing: ein Kraft- werk, das keine Stromzufuhr zur Energie-
gewinnung benötigt, die, in Form von vie-
len kleinen Schweißperlen, zu hundert
Prozent biologisch abbaubar ist. The
Thing: Körperkunst auf höchstem, die
Physis und die Artistik forcierendem
Niveau. In der Stadtwerkstadt, diesem
Spielort, an dem im Normalfall dem Noi-
se gehuldigt wird, etabliert The Thing
einen ungewohnten Ton – aber auch
wieder einen perfekt zur Umgebung pas-
send. Ein schillerndes, schier grenzenlos
intensives Konzert.
andreas fellinger
http://freistil.klingt.org/index.html
+ review in same mag of forthcoming studioalbum MONO on smalltown superjazzz
MONO
Mats Gustafsson (bs, ts), Ingebrigt
Håker Flaten (b), Paal Nilssen-Love (dr)
Höchste Energie, mehr Licht ganz
ohne Sparlampen. Der Fluss und der
Überfluss. Der verschwenderische Um-
gang mit Intensität. Die unbändige Lust
am Zitat. Die Leidenschaft im Vorwärts-
gang. Die Muskelkraft des Freejazz. Die
Hymne mit Hirn. – Was alles von The
Thing zu kriegen ist, lässt sich im Voka-
belheft der großen Gefühle gar nicht um-
fangreich genug abbilden. Und das Ärgs-
te ist: Als reichte der Reichtum dieses
Trios des freundlichen Irrsinns nicht
schon völlig aus, umgibt es sich gele-
gentlich auch noch mit zusätzlichen Fach-
kräften. Um nur ein paar Namen zu nen-
nen: Jim O’Rourke(!), Otomo Yoshi-
hide(!!) und, demnächst auch auf einem
burgenländischen Festival unseres Ver-
trauens, Neneh Cherry(!!!). Der künstle-
rischen wie auch ideologischen Kom-
paktheit dieser handgreiflichen Zauber-
gruppe entsprechend, verliert man sich
nicht in elitären High-end-Angebereien –
sondern spielt diese Platte de facto so
ein, wie sie heißt: mono. Das Ensem-
ble, das Starkstrom mit akustischen Mit-
teln erzeugt und sonst so gern avan-
ciertes Rockmaterial herbeizitiert, fährt
hier eine einzige Coverversion auf, und
zwar eine hinreißende von Sonny Rol-
lins’ „Alfie’s Theme“. Ansonsten, abge-
sehen vom Traditional „Bruremarsj“,
stammt alles aus eigener Feder, die man
sich allerdings als Stahlfeder vorstellen
darf. The Thing, das Ding an sich, ein
Umspannwerk, immer gut für ein wuch-
tiges, an Dichte nicht zu übertreffendes
Statement (siehe auch „kurz+gut“).
Viele Volt. Phänomenal.
(felix)